Digitaler Nachlass: Was passiert mit unseren Daten nach dem Tod?

Tobias Goldkamp
Veröffentlicht am 9. November 2024 von Tobias Goldkamp

Mit der Digitalisierung sind neben physischen Nachlassgegenständen auch zunehmend digitale Vermögenswerte und Daten Teil des Nachlasses. Unter dem Begriff „digitaler Nachlass“ versteht man alle Rechtsverhältnisse und Datenbestände einer Person, die in Zusammenhang mit digitalen Diensten, Konten und Online-Aktivitäten stehen. Doch was geschieht mit diesen Daten nach dem Tod, und wie wird der digitale Nachlass vererbt?

1. Was gehört zum digitalen Nachlass?

Der digitale Nachlass umfasst eine Vielzahl von Aspekten:

  • E-Mail-Konten und Profile in sozialen Netzwerken (z.B. Facebook, Instagram, LinkedIn)
  • Online-Dienste und -Abonnements (z.B. Streaming-Dienste, Cloud-Speicher, E-Commerce-Konten)
  • Nutzungsrechte an digitalen Inhalten, wie Musik, Filme, E-Books oder Software-Lizenzen
  • Rechte an Domains und Webseiten
  • Digitale Zahlungsmittel (z.B. Kryptowährungen)
  • Daten auf lokalen Speichermedien, wie Festplatten oder USB-Sticks, sowie Daten in der Cloud

2. Erbrechtliche Grundlagen: Universalsukzession auch für den digitalen Nachlass

Nach § 1922 BGB geht mit dem Tod einer Person das gesamte Vermögen auf die Erben über – dies gilt auch für den digitalen Nachlass. Das Erbrecht differenziert nicht zwischen analogen und digitalen Werten. Ein spezielles „digitales Erbrecht“ gibt es nicht. Das bedeutet, dass auch die Verträge, die eine Person mit Anbietern digitaler Dienste geschlossen hat, sowie alle damit verbundenen Rechte und Pflichten auf die Erben übergehen.

a) Übergang des Dateneigentums

Die Daten auf Speichermedien (z.B. auf der Festplatte oder in der Cloud) gehören zum Nachlass. Erben übernehmen das Eigentum an den Speichermedien, soweit sie im Eigentum des Erblassers standen, und damit auch die darin gespeicherten Daten. Bei Daten auf fremden Speichermedien, z.B. in der Cloud gespeicherten Daten, gehen die Rechte an den Daten vom Erblasser auf die Erben über.

b) Vertragsverhältnisse mit Online-Dienstleistern

Erben treten in die Vertragsverhältnisse mit Anbietern von Online-Diensten ein. Diese Verträge – z.B. für E-Mail-Konten oder soziale Netzwerke – sind Teil des Nachlasses und können von den Erben fortgeführt oder gekündigt werden.

3. Datenschutz und Fernmeldegeheimnis

Erben haben in der Regel das Recht, auf die persönlichen Daten des Erblassers zuzugreifen, die bei Online-Diensten gespeichert sind. Dies umfasst auch private Nachrichten und E-Mail-Kommunikationen. Weder das Fernmeldegeheimnis noch der Datenschutz stehen dem entgegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 12. Juli 2018 (Az.: III ZR 183/17) entschieden, dass die Erben das Recht haben, auf die digitalen Inhalte des Erblassers zuzugreifen.

4. Rechte und Pflichten der Erben

Neben den Rechten auf den Zugang und die Nutzung digitaler Daten übernehmen die Erben auch die Pflichten zur ordnungsgemäßen Verwaltung des digitalen Nachlasses. Sie müssen etwa sicherstellen, dass bestehende Verträge ordnungsgemäß beendet oder fortgeführt werden, und haften für offene Forderungen (Nachlassverbindlichkeiten).

5. Regelung des digitalen Nachlasses im Testament

Es ist ratsam, den digitalen Nachlass schon zu Lebzeiten zu regeln. Hier einige Tipps:

  • Vorsorgevollmacht: In einer Vorsorgevollmacht kann festgelegt werden, wer Zugriff auf die digitalen Daten und Konten haben soll.
  • Passwortverwaltung: Eine Liste mit Zugangsdaten zu wichtigen Konten kann erstellt und an einem sicheren Ort hinterlegt werden.
  • Testamentarische Verfügungen: Im Testament kann explizit festgelegt werden, wie mit den digitalen Vermögenswerten umgegangen werden soll und wer Zugriff auf bestimmte Konten oder Inhalte erhalten soll.

Fazit

Der digitale Nachlass gewinnt zunehmend an Bedeutung und stellt sowohl Erblasser als auch Erben vor neue Herausforderungen. Um sicherzustellen, dass digitale Vermögenswerte und Daten nach dem Tod ordnungsgemäß verwaltet werden, ist es sinnvoll, frühzeitig Regelungen zu treffen und den digitalen Nachlass in die Nachlassplanung einzubeziehen. Die rechtliche Grundlage bietet das allgemeine Erbrecht, das auch auf digitale Werte Anwendung findet.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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