OLG Naumburg: Kein Auskunftsanspruch über lebzeitige Schenkungen des Erblassers unter Miterben

Tobias Goldkamp

Veröffentlicht am 15. Oktober 2024 von Tobias Goldkamp

Das Oberlandesgericht Naumburg hat in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2024 (Az.: 2 U 81/23) klargestellt, dass Miterben keinen Anspruch auf Auskunft über Vermögenswerte haben, die der Erblasser bereits zu Lebzeiten verschenkt hat. Die Entscheidung betont die Grenzen der Auskunftspflichten innerhalb der Erbengemeinschaft und schafft Klarheit darüber, welche Nachlassgegenstände unter das Auskunftsrecht der Miterben fallen und welche nicht.

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1. Hintergrund und Streitpunkt

Im vorliegenden Fall bestand zwischen den Erben Uneinigkeit darüber, ob der Beklagte als Miterbe verpflichtet ist, Auskunft über lebzeitige Schenkungen der Erblasserin an ihn und an Dritte zu erteilen. Die Kläger, die ebenfalls Miterben sind, hatten eine Stufenklage eingereicht, in der sie Auskunft über den Nachlass und insbesondere über etwaige Schenkungen in den letzten zehn Jahren vor dem Tod der Erblasserin forderten. Die Klage wurde jedoch vom OLG Naumburg abgewiesen.

2. Entscheidungsgründe des OLG Naumburg

Das OLG Naumburg hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und stellte fest, dass keine Auskunftspflicht über lebzeitige Schenkungen des Erblassers besteht. In der Begründung werden mögliche Anspruchsgrundlagen geprüft und als nicht gegeben erkannt:

a) Auskunftsanspruch nach § 2027 BGB

Die Auskunftspflicht des Erbschaftsbesitzers gemäß § 2027 BGB bezieht sich nur auf solche Nachlassgegenstände, die zum Zeitpunkt des Erbfalls noch vorhanden sind. Da lebzeitige Schenkungen des Erblassers sein Vermögen verlassen haben und nicht Teil der Erbmasse sind, besteht hierfür kein Anspruch auf Auskunft.

b) Ausschluss des Auskunftsanspruchs nach § 2314 BGB

Die Kläger versuchten, ihren Anspruch auch auf § 2314 BGB zu stützen, der jedoch nur enterbten Pflichtteilsberechtigten zusteht. Die Kläger waren jedoch nicht enterbt, sondern Miterben.

c) Keine Auskunftspflicht aus dem Auftragsverhältnis (§ 666 BGB)

Da die Erblasserin dem Beklagten Kontovollmachten erteilt hatte, argumentierten die Kläger, dass der Beklagte ihnen als Miterben im Rahmen eines Auftragsverhältnisses zur Auskunft verpflichtet sei. Das OLG Naumburg entschied jedoch, dass alle Auskunftspflichten der Erblasserin gegenüber zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits erfüllt waren, da sie selbst Einsicht in ihre Kontobewegungen hatte.

3. Auskunft nach § 2057 BGB nur über ausgleichungspflichtige Zuwendungen

Die Kläger machten zudem Auskunftsansprüche gemäß § 2057 BGB geltend, wonach jeder Miterbe den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu erteilen hat, die er nach speziellen Vorschriften (§§ 2050 bis 2053 BGB) auszugleichen hat.

Das OLG Naumburg lehnte diesen Anspruch ab, da die in § 2057 BGB normierte Auskunftspflicht nur für solche Zuwendungen gilt, die der Ausgleichung nach §§ 2050 bis 2053 BGB unterliegen.

Einen allgemeinen Auskunftsanspruch über Schenkungen gibt § 2057 BGB also nicht her.

Die Kläger konnten nicht nachweisen, dass die Zuwendungen an den Beklagten die Schwelle zur Ausgleichspflicht überstiegen, sodass auch dieser Anspruch abgewiesen wurde.

Fazit

In Nachlassangelegenheiten bestehen zahlreiche Auskunftsansprüche und Recherchemöglichkeiten, die jedoch kundig ausgewählt und treffsicher angewandt werden müssen.

Unsere Kanzlei berät Sie gerne zu Ihren Rechten und Pflichten als Miterbe und unterstützt Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche in der Erbauseinandersetzung.

Tobias Goldkamp

Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Tel. 02131/718190

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